Aufruf von Bernd Sommer/Die Gezeitenpumpe
PROJEKTIDEE: AUTORINNEN UND AUTOREN UNTERWEGS
Die Ausgangslage:
Wir erleben bewegte Zeiten, wir erleben einen europaweiten Rechtsruck, eine weltweite
Blüte des Populismus, wir erleben (mal wieder?) Zeiten, die Ausgestaltung von Zukunft
verlangen. Der Havard-Professor Michael J. Sandel leitet aus diesem ohnmächtigen
Erleben der Welt ein notwendiges Verstehen und Interpretieren ab, welches einen Willen
zur Veränderung kultivieren muss. Ich hoffe, die folgende Formulierung eines Mottos klingt
nicht zu pathetisch oder gar eitel, der Inhalt ist zur Abwechslung mal nicht zynisch,
sondern ernst gemeint:
Insbesondere als Kulturschaffende*r fühle ich mich dazu verpflichtet, auf
Populismus, Radikalisierung und Ausgrenzung zu reagieren und notwendigen
Veränderungen eine Gestalt zu geben.
In meinen Augen braucht es einen Willen zu mehr Solidarität und (etwas) weniger
Individualismus; das fällt Künstler*innen besonders schwer. Es braucht gewiss keine
Leitkultur, aber es braucht eine verantwortungsvolle Ethik, die Gesellschaften weniger
spaltet. Wenn ein Künstler schreibt, wie ich es kürzlich gelesen habe, „In der Kunst gibt es
keine Solidarität.“, dann stimmt mich das wütend und traurig. Dann sage ich mir, es
braucht keine Kunst, die Kunst ist womöglich vergiftet?
Aber es braucht die Kunst, die Musik, die Literatur, das Theater, es braucht die Vielfalt der
Kultur und die Vielfalt der Kulturen; diese Vielfalt ist ein wesentlicher Teil von uns, diese
Vielfalt ist unser Pfand für eine durchaus mögliche Zukunft.
Ja, in meinen Augen gehören die hoffentlich unbequemen Positionen vieler
Künstler*innen, Musiker*innen, Schriftsteller*innen, Theatermacher*innen etc. auf die
Straßen und Plätze, wo derartiges Fragen und Bohren zwischen den vielen verschiedenen
Menschen, Nationen, Kulturen sichtbar und hörbar wird. Bildungseinrichtungen, Museen,
Literaturhäuser, Galerien, das eher beschauliche kulturelle Treiben spezifischer Szenen
und Gruppen etc., das alles leistet einen wichtigen Beitrag; aber sind es nicht allzu elitäre
Beiträge? Beiträge für einen kleinen, ohnehin interessierten und verständigen Kreis? Muss
die gegenwärtige Kultur nicht mehr leisten? Sie könnte klar und deutlich Positionen
beziehen und vermitteln, manchen Nebel hinter sich lassen und politischer werden; sie
könnte sich daran beteiligen, Brücken über die Gräben in unseren Gesellschaften zu
bauen.
Eine Idee:
"Autorinnen und Autoren unterwegs" ist eine Marathonlesung mit jeweils 10 bis 20
Autor*innen pro Veranstaltung. Jede*r Autor*in liest ca.30 Minuten. Zusätzlich sind
Theater, Performance, Musik vorstellbar. An Honorare wird leider kaum zu denken sein, es
geht um die Sache und Ruhm und Ehre. Die Reihe geht mit wechselnder (regionaler)
Besetzung auf Wanderschaft durch die Republik (vielleicht den deutschsprachigen
Raum?). Keine übliche Antiveranstaltung (gegen rechts, gegen links, gegen oben, gegen
unten...), sondern ein Beitrag zur Verständigung über die Gräben hinweg.
Interesse? Kennen Sie Freundinnen, Freunde, Kolleginnen, Kollegen, mögliche
Veranstalter, Multiplikatoren, Sponsoren, die Interesse haben könnten? Dann kontaktieren
Sie mich bitte per E-Mail.
Mit herzlichem Gruß
Bernd Sommer
Kontakt: gezeitenpumpe@t-online.de