Erinnerungen, die Zeit und die Kunst

 

Erinnerungen, die Zeit und die Kunst 

von Susanne Haun und Doreen Trittel

 

„Nur zwei Dinge können die Zeit festhalten: Die Erinnerungen und die Kunst.“ (unbekannt)

 

Wenn eine Idee aufkeimt, man sie zulässt… Wenn sie von liebevoller Begeisterung und beflügelndem Fleiß gegossen wird… Wenn sie sich entwickelt, Abzweigungen nimmt und wächst… Und wenn man diesen Prozess gemeinsam geht, beitragen und teilen kann, dann ist das etwas ganz besonderes.

 

Im vergangenen Sommer trafen wir uns, Susanne Haun und Doreen Trittel, im Berliner Wedding zum Eisessen. Wir sprachen nicht nur über aktuelle Dinge, die uns beschäftigten, sondern auch aus vergangenen Zeiten, als Berlin eine geteilte Stadt war. Die Grundlage für unsere Idee war unser persönlicher Austausch darüber, wie wir in Berlin verwurzelt und beide jeweils auf der anderen Seite der Berliner Mauer aufgewachsen sind - Susanne Haun, 1965 geboren und aufgewachsen in West-Berlin, und Doreen Trittel, 1973 geboren und aufgewachsen in Ost-Berlin. Obwohl wir in zwei verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Systemen groß geworden sind, haben wir schnell viele Gemeinsamkeiten ausmachen können. Wir beschlossen, dies zum Thema einer gemeinsamen Installation und in Collagen zu machen: „Der künstlerische Umgang mit Erinnerungen“.

 

An dieser Stelle gingen wir dann ins Detail. Wir haben einzelne Elemente entwickelt, in unseren Erinnerungen und privaten Beständen gestöbert und so manches Interessante, Spannende und auch Amüsante zu Tage befördert. Vergessene Erinnerungen kamen hoch. Die Erfahrungen ergänzten sich um die der anderen. So manche Erinnerung entpuppt sich als Skurilität eines untergegangenen Systems. Doch die vielen aufgezeigten Verbindungen entziehen sich einer Schwarz-Weiß-Betrachtung und ermöglichen eine Perspektive für aktuelle gesellschaftliche Diskurse.

 

Neben den Inhalten bildeten unser beider Interesse und unsere Herangehensweise an die Arbeit mit Collagen eine weitere Grundlage unseres Austausches. Diese Art des künstlerischen Ausdrucks übt auf uns beide einen besonderen Reiz aus. Die Ausstellung, die den KunstSalon im März begleitete und aktuell bis zum 4. Mai 2018 zu sehen ist, beinhaltet nicht nur die Installation sondern auch Collagen. Eigens hierfür haben Susanne und Doreen jeweils zwei neue Collagen angefertigt, und darüber hinaus weitere Collagen aus unserem Portfolio in Beziehung zueinander gesetzt. Susannes Arbeiten entstammen einer Serie, in der sie Fotografien aus einem gefundenen Fotoalbum der 50er/60er Jahre verarbeitet. Doreen zeigt Bilder, einer Serie, in der sie alte Berliner DDR-Postkarten verändert.

 

Veränderung spielt beim künstlerischen Umgang mit Erinnerungen eine große Rolle. Erinnerungen werden nicht nur abgebildet, sie werden betrachtet, es wird recherchiert, neue Zusammenhänge zeigen sich und werden provoziert. Materialien werden zerstört, um daraus etwas Neues entstehen zu lassen. Es ist ein faszinierender Veränderungsprozess von der Vergangenheit, über die Gegenwart, hin zur Zukunft, die die Betrachter.innen mit ihren Geschichten auf die Reise nimmt. 

 

"Was ist also die Zeit? Wenn mich niemand darüber fragt, so weiß ich es; wenn ich es aber jemandem auf seine Frage erklären möchte, so weiß ich es nicht. Das jedoch kann ich zuversichtlich sagen: Ich weiß, daß es keine vergangene Zeit gäbe, wenn nichts vorüberginge, keine zukünftige, wenn nichts da wäre. Wie sind nun aber jene beiden Zeiten, die Vergangenheit und die Zukunft, da ja doch die Vergangenheit nicht mehr ist, und die Zukunft noch nicht ist?“ (Augustinus Aurelius)

 

Die Ausstellung kann bis zum 4.5.2018 im Atelier Susanne Haun, Groninger Str. 22, 13347 Berlin Wedding (4. Etage, leider ohne Fahrstuhl) zu folgenden Öffnungszeiten besucht werden: Do. 5. April 15 – 18 Uhr, Mo. 9. April 15 – 18 Uhr, Fr. 20. April 10 – 13 Uhr, Do 26. April 15 – 18 Uhr, Do 3. Mai, 15 – 18 Uhr, Fr. 4. Mai 10 – 13 Uhr. Wir freuen uns auf Dich.

 

Susanne Haun (re.) ist Bildende Künstlerin und Autorin. Ihre Zeichnungen sind unverwechselbar minimalistisch. Hierfür arbeitet Susanne Haun in Serien und Projekten. Sie sagt selbst: „Mich interessiert dabei das Vergehen der Zeit, was ich in meinem Blog, den ich seit März 2009 regelmäßig schreibe, dokumentiere… Die Natur inspiriert mich und ich sehe beim Betrachten sofort die Linien und Flächen.“ https://susannehaun.com/  

 

 

Doreen Trittel (li.) ist Künstlerin und setzt sich in Collagen, Installationen und Fotografien mit Erinnerung und Veränderung auseinander. Ein Schwerpunkt meiner Arbeiten liegt in meiner Herkunft. Sie ist Deutsche mit ostdeutschem Migrationshintergrund und Stasikind. www.hehocra.de